Kirchen sind liturgisch geprägte, dabei dennoch potentiell offene Räume in der Stadt – sie sind in der Regel tagsüber zugänglich. Mit der Entwicklung des ehemaligen Kapuzinerklosters St. Franziskus Dammerstock zum „Stadtkloster St. Franziskus“ ist auch die Frage verbunden, welchen Grundsätzen die künftige Gestaltung des Kirchenraumes folgen sollte: Kirche, Kloster und Garten sind einerseits liturgische Orte für die Gemeinde und für das Projekt Stadtkloster St. Franziskus. Andererseits besteht der Wunsch nach einer ökumenisch offenen Ausstrahlung, die auch in Dialog mit Anders- und Nichtgläubigen tritt. Wie müssen die Räume gestaltet sein, damit sie wirklich allen Menschen für einen Besuch offen stehen – als offener Erfahrungsraum, als Raum des Rückzugs, der Stille, der Andacht oder des Gebets?
Raumexperimente St. Franziskus will aus unterschiedlichen Richtungen der Frage nachgehen, welche Resonanzen im Kirchenraum und in den Räumlichkeiten des Klosters stecken – indem die Räume unterschiedlichen Aneignungen geöffnet werden. Die Kirchenbänke werden dafür ausgelagert – es entsteht ab Mai bis Juli 2019 ein Experimentierfeld für die Gemeinde, aber auch für künstlerische Interventionen und Gäste.
Wie wird der Gebäudekomplex von Künstlern wahrgenommen? Welche Themen und welche Räume interessieren sie, was regt künstlerische Auseinandersetzungen an? Von April bis Juli entstehen vor Ort drei Ausstellungen, die ihren Ausgang jeweils in einem Wohnaufenthalt vor Ort nehmen. Der gefaltete Raum.
Während der gesamten Experimentierphase möchten wir Interessierten die Möglichkeit geben, den Kirchenraum für ihre Veranstaltung oder einfach für einen Besuch, gerne auch in Gruppen, zu nutzen – in Absprache mit uns: raumexperimente@stadtkloster-karlsruhe.de
Raumexperimente St. Franziskus und „Der gefaltete Raum“ sind Projekte der Kirchengemeinde St. Nikolaus im Stadtkloster St. Franziskus. Sie werden gefördert durch den Fond Pastorale Innovation der Erzdiözese Freiburg.
Fotografien: Tobias Wootton
Liturgischer Raum
ist eine dreiteilige Ausstellungsreihe, die von Mai bis Juli im Stadtkloster St. Franziskus Dammerstock gezeigt wird. Ein Künstlerduo und zwei Künstlerinnen werden an aufeinanderfolgenden Terminen eingeladen, sich mit ihren eigenen Mitteln die Kirche und das Gebäudeensemble als Wahrnehmungsraum zu erschließen. Für die begrenzte Zeit des Projektes werden ihre akustischen und visuellen Arbeiten die Aufmerksamkeit auf Vertrautes aber auch Verborgenes lenken. Tradierte Zusammenhänge alltäglicher und ritueller Nutzung erfahren eine Verschiebung und Entfaltung.
Es werden ortsspezifische und recherche-basierte Arbeiten für das Gebäude entstehen, das seit 1938 der katholischen Gemeinde als Andachtsraum dient. Kirche ist neben der Architektur auch ein Netzwerk aus unterschiedlichen Akteuren und Handlungen. Dieser Zusammenhang verlangt eine bewusste Positionierung der ausgewählten Künstler_innen, die sonst nicht mit religiösen Inhalten arbeiten. Im gesamten Gebäude findet man Hinweise auf symbolische Schwellen und räumliche Übergänge deren Hintergründe Außenstehenden oft unbekannt sind. Bestimmte Bedeutungen der durch regelmäßige Wiederholungen verinnerlichten Abläufe christlicher Rituale werden nur Eingeweihten deutlich. Kann ein so stark geprägter Ort für Außenstehende zugänglich werden? Und können auch Eingeübte neue Erfahrungen in dem ihnen vertrauten Raum machen? Verhältnisse von Vorder- und Hintergrund, Bewusstem und noch Unbekanntem, Akteuren und Orten sollen hier erkundet werden.
Kuratorin: Lisa Bergmann
Szenographie: Alper Kazokoglu
STRWÜÜ
11. – 16. Mai 2019
Das Künstlerduo STRWÜÜ fand 2014 zusammen. Sie kidnappten eine Pflanze, aßen für einen Stopmotionfilm und performten zusammen mit einer Riesenseerose in einem Wasserbecken. Sie machten unhörbare Klangobjekte, versuchten sich gegenseitig gleichzeitig als Marionetten zu benutzen und legten ziemlich lange einen Stock auf einem Papier ein kleines Stückchen weiter. Sie beginnen die Reihe mit einer akustischen Installation.
JUDITH MILZ
28. Juni – 04. Juli 2019
Judith Milz beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit dem Archivieren und Aufbereiten von Geschichte und Geschichten. Auf welche Weise lassen sie sich in Erfahrung bringen und weitererzählen? Die künstlerische Form, ob skulptural, performativ, fotografisch, publizistisch, ergibt sich aus der intensiven Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema.
LISA BERGMANN
12. Juli. – 16 Juli 2019
In ihren Videoinstallationen setzt sich Lisa Bergmann mit Atmosphäre und Struktur räumlicher Situationen auseinander. Ihre dokumentarischen Arbeiten analysieren auf erzählerische Weise Bezüge zwischen Architektur und Benutzer_innen. Abläufe und Bedeutung von Ritualen untersuchte sie bereits in verschiedenen Arbeiten.